[LA] Die letzten Monate haben es Peter Bökenkötter, dem Geschäftsführer der VER und Daniel Pilz, Aufsichtsratsvorsitzender der VER nicht leicht gemacht, das Unternehmen aus der drohenden Abwärtsspirale herauszuholen und wieder allmählich nach oben zu befördern.
In der Bilanz-Pressekonferenz 2018 sprach Peter Bökenkötter über das was so alles abschließend passiert ist und gab gleichzeitig einen Ausblick was noch alles passieren wird. Daniel Pilz führte daraufhin an: “Über die Details wird Peter Bökenkötter gleich noch berichten. Es war wieder sehr knapp alles, es sieht für dieses Jahr etwas besser aus, allerdings noch nicht beruhigend. Aber wir arbeiten gemeinsam daran, die VER in Zukunft auf sichere Füße zu stellen, so dass die Zukunft etwas entspannter wird.”
Peter Bökenkötter fuhr fort :”Im letzten Jahr gab es enorm viele Nackenschläge. Die Ruhegeldordnung hat die VER zweimal erwischt, so daß eine Summe von über 800.000 Euro zusätzlich aufgebracht werden mußte. Durch die in 2016 durch die Bezirksregierung Arnsberg aberkannte Individuelle Schwerbehindertenquote (Ausgleichsabgabe) kamen nochmals 400.000 Euro hinzu. Diese 1.2 Millionen Euro wären selbst mit dem angesetzten Rettungsschirm nicht zu bewältigen gewesen, wenn nicht glücklicherweise ein gewonnener Rechtsstreit 400.000 Euro eingebracht hätte und darüber hinaus Mercedes nicht funktionierende Hybridbusse zurückerhalten hat und eine Entschädigung dafür gezahlt wurde, eine Rückerstattung von der Haftpflicht eingegangen wäre und Rückstellungen aufgelöst werden konnten.
So ist es mit Rettungsschirm (Maßnahmen zu ergreifen, die so schnell wie möglich der Situation entgegenwirken) und den außerplanmäßigen Erträgen mit allen Anstrengungen gelungen, dass das Jahresergebnis 2018 mit knapp 29.000 Euro gehalten werden konnte.
Da der Rettungsschirm für dieses Jahr nicht alles abfangen kann, mußte über eine Restrukturierung nachgedacht werden.
Restrukturierungsprogramm beschlossen
Das Restrukturierungsprogramm wurde in einer Sonderaufsichtsratsitzung Ende Februar 2019 beschlossen. Es sieht viele Punkte vor, die eine grundsätzliche Neuausrichtung der VER erforderlich machen. In erster Linie sind hiervon Personalkosten betroffen. Die RGO (Ruhegeldordnung – mit mehreren Millionen Euro Kosten im Jahr) ist wohl das größte Problem der VER, aber daran kann man ja nichts ändern.
Geplant ist, dass in diesem Jahr insgesamt 15 Verwaltungsmitarbeiter und im kommenden Jahr nochmals 20 Verwaltungsmitarbeiter die VER verlassen. Was sich jetzt mit einer Zahl von 35 Stellen beängstigend anhört, verliert seinen Schrecken bei näherer Betrachtung. Immerhin werden keine fristlosen Kündigungen ausgesprochen. Auch greift kein Sozialplan, da die Mitarbeiter ja zu gleichen finanziellen Bedingungen und dem gleichen Tarif – in Absprache mit dem Betriebsrat – in ein anderes Verkehrsunternehmen vermittelt werden, so dass sich ihre Position keineswegs verschlechtert. Das dieses Verkehrsunternehmen logischer Weise die Bogestra in Bochum ist, ist denkbar, denn die Bogestra hat ja mit der VER eine Kooperation geschlossen und ist mit 30 % an der VER beteiligt. Peter Bökenkötter führt weiter aus: “Wir bauen hier diesen Teil ab (Buchhaltung und Personal) und kaufen ihn dann per Dienstleistervertrag von der Bogestra wieder zu. Diese Art des Outsourcing erbringt eine wesentliche Kostenreduzierung der Personalkosten.” (Anmerkung: Outsourcing bzw. Auslagerung bezeichnet in der Ökonomie die Abgabe von Unternehmensaufgaben und -strukturen an externe Dienstleister. Es ist eine spezielle Form des Fremdbezugs einer bisher intern erbrachten Leistung, wobei Verträge die Dauer und den Gegenstand der Leistung fixieren. Wikipedia]
Am Anfang war viel Überzeugungsarbeit mit dem Betriebsrat nötig da diese Mitarbeiter ja schon jahrelang bei der VER waren, aber inzwischen hat sich gezeigt, dass sie durchaus zufrieden sind. 6 Mitarbeiter sind schon bei der Bogestra und ihre Rückmeldung ist positiv. Sowieso werden alle Entscheidungen grundsätzlich erst nach Rücksprache und Abklärung mit dem Betriebsrat getroffen, den man eng in alle Geschehnisse einbindet.
Daniel Pilz bemerkt dazu noch: “Man muß es einmal ganz klar sagen, dass ohne die gute Zusammenarbeit der Geschäftsleitung, Geschäftsführer, Betriebsrat, VERDI und den Mitarbeitern so etwas nicht funktionieren kann. Wenn das Verhältnis nicht so gut wäre und der Prozess nicht so gut ineinander verzahnt gewesen wäre, hätte das nicht umgesetzt werden können. Logischerweise gibt es da Konflikte. Menschen haben Angst wenn Veränderungen auf sie zukommen und deswegen ist es auch schwierig den Menschen das rüber zu bringen. Umso toller, dass es so gut und reibungslos klappt.”
Was es noch zu berichten gab:
a) Arbeitszeitkonten
Peter Bökenkötter führt weiter aus: “Der nächste Punkt ist, wir führen neue Arbeitszeitkonten ein. Das bedeutet dass die Leistungen im Fahrdienst über 20 Wochen aufsaldiert werden (statt der heutigen täglichen Saldierung), so daß dann geschaut werden kann, ob die 39 Stunden erreicht wurden. Dadurch können in etwa Personalien von 4 eingespart werden.
b) Hattingen an Subunternehmen
Erwähnt werden muß auch. daß Verdi über ihren Schatten gesprungen ist denn am 9.6. hatten wir einen kleinen Fahrplanwechsel und wir haben die kompletten Leistungen in Hattingen an einen Subunternehmer vergeben.”
Durch diese Maßnahme müssen weniger Ablösefahrer mit ihrem Auto die weite Strecke von Ennepetal nach Hattingen zu den Bussen fahren und der andere Fahrer kommt mit seinem Auto wieder zurück. Das ist enorme Arbeitszeit und Einsatz der PKWs und durch diese Lösung kann die VER jetzt enorme Einsparungen erzielen.
c) Maßnahmen beim Krankenstand
Auch wurde der Krankenstand angegangen. Es ist ein Fehlzeitenmanagement eingeführt worden, aber nicht um kranke Mitarbeiter an den Pranger zu stellen, sondern ein Kümmern um den Erkrankten. Jede Fehlzeit wird durch ein Fehlzeitengespräch mit dem Mitarbeiter begleitet, wo man evtl. unterstützen kann.
d) Verlegung der Schulzeiten
Die VER plant auch weiterhin die Verlegung von Schulzeiten auch für andere Städte ins Visir zu nehmen. Ennepetal ist hier das sogenannte Pilotprojekt. Der Unterrichtsbeginn am Ennepetaler Berufskolleg ist von 8:00 Uhr auf 7:30 Uhr verlegt worden. Durch die Umstellung in Ennepetal konnten 4 Fahrzeuge eingespart werden. Wie die VER mitteilt, hat es von den betroffenen Familien keine Beschwerden gegeben.
Gevelsberg, Sprockhövel und Wetter stehen in Zukunft auf dem Programm. Wenn nicht alle Schüler gleichzeitig anfangen, kommt die VER mit weniger Bussen und Fahrern aus.
Service soll aufgerüstet werden
Das Kundencenter am Betriebshof in Ennepetal wird geschlossen, da es zu abgelegen ist. Dafür soll das Kundencenter in Schwelm vergrößert werden.
In Gevelsberg ist von der VER bereits ein Ladenlokal angemietet, welches in der Mittelstraße 46 (früher Parfümerie Koch) bald eröffnet wird. In Ennepetal hält man zur Zeit Ausschau, wo die Möglichkeit für ein Kundencenter gegeben wäre. Weitere Überlegungen finden über ein Kundencenter in Wetter und Sprockhövel statt. Hattingen und Witten hat einen Standpunkt von der Bogestra. Hier überlegt die VER ggf. sich da mit einzubringen.
Peter Bökenkotter meint dazu: “Wir müssen unseren Vertrieb ganz deutlich ausweiten, elektronisch als auch persönlich. Es gibt genug Menschen, die die persönliche Beratung brauchen und auch möchten.”
Umrüstung der Fahrzeugflotte
Die VER denkt daran, den kompletten Fuhrpark auf die sauberen Euro-6-Diesel umzustellen. Augenblicklich ist die VER auch dabei, die gesamte Fahrzeugflotte auf ICTS umzurüsten. Alle Daten werden durch die Leitstelle aufgesammelt. Somit ist für den Kunden eine Echtzeitinformation möglich. Die VER hat zwar an vielen Stellen dynamische Fahrgastinformationen aufgestellt, kann das aber nicht an allen Haltestellen bewältigen. Nun kommt zu der Umrüstung auf ICTS noch hinzu, dass es ab Herbst eine App geben wird, aus der alle Informationen ersichtlich sind. Umleitungsstrecken, Fahrplanänderungen oder sonstige Informationen können mit der App abgerufen werden.
Da man insgesamt sieht, dass die ersten Restrukturierungsmaßnahmen greifen geht die VER zuversichtlich in die kommenden Jahre und versucht gemeinsam das Unternehmen auf sichere Füße zu stellen.
Linde Arndt für NRW-Mosaik aus Ennepetal
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