[LA] Wie sehr der PCB Fund im Industriegebiet Ölkinghausen die Ängste der Bürger schürte und die Gemüter erhitzte sah man am 6.11.2019 an der Zahl der Teilnehmer der Infoveranstaltung im Haus Ennepetal. An die 500 Bürger hatten sich auf den Weg gemacht. Selbst die zuvor abgetrennte Zuschauertribüne musste für die Besucher wieder freigegeben werden und ausserdem standen etliche Besucher darüber hinaus auch an den Wänden des Saales um endlich Gewissheit in der präkären Situation zu erlangen.
Maximale Transparenz – gefordert und versprochen!
Viele betraten den Raum mit mitgebrachten Transparenten auf denen stand “PCB ist verboten”, “Maximale Transparenz”, “Lückenlose Aufklärung”, “Zeitnah Bürger informieren”. Und das war auch sicher der Grund für diese stille Verzweiflung, nicht zu wissen wie der wirkliche Tatbestand ist, welche Folgen daraus entstehen können und was auf sie alle noch zukommen könnte.
Spekulationen sind da ein schlechter Ratgeber, vor allem weil solche in den sozialen Netzwerken rasch hochkochen. Andererseits muß man aber auch die Nöte der Menschen verstehen. Familien mit kleinen Kindern, Schwangere, alte Leute – im Grunde ALLE die in dem betroffenen Gebiet leben. Es ist ja vor allem keine Angelegenheit, die mal gerade 1, 2 Tage bekannt ist, sondern es zieht sich ja schon Monate hin. Eigens angebautes Obst und Gemüse sollte nicht verzehrt werden. War es aber auf Grund der verspäteten Information z.T. schon und somit stieg die Sorge, welche Auswirkungen würde es haben.
Und nun die Erleichterung, der Stein konnte vom Herzen fallen. Es sei nur eine Vorsorgemaßnahme bis zur endgültigen Klärung der Angelegenheit. Aber nach den bisherigen ermittelten Schadstoffwerten wären die so niedrig, daß man sich da keine großen Sorgen machen müsse.
Ein Bürger stellte die Frage “Sie haben jetzt die Stimmung wahrgenommen. Was würden Sie in Zukunft anders machen?”
“Wenn Du keine Info hast – was willst Du den Bürgern dann sagen?”
Mit diesen Worten versucht Bürgermeisterin Imke Heymann eine Erklärung dafür abzugeben, warum sie so lange mit der Einladung zu einem gemeinsamen Gespräch gewartet hat. Sie selbst ist der Meinung, dass auch die Informationen, die die Stadt erhalten hat, relativ spät eingetroffen waren.”Ich persönlich bin der Meinung, dass immer noch das persönliche Wort am besten ist. Aber was wäre gewesen wenn ich ohne Informationen weitergeben zu können hier allein gesessen hätte und keine aufschlußreichen Erklärungen hätte abgeben können? Heute weiss ich, dass dieser Entschluss verkehrt war. Ich sehe ein, dass eine Information früher, viel früher hätte erfolgen müssen. Wir haben bisher in vielen Dingen immer wieder Runde Tische anberaumt (mit Erfolg) und ich glaube, dass auch dieses Thema dafür sehr geeignet wäre, allein um immer den aktuellen Stand besprechen zu können. Der muß nicht immer nach vorne gehen, aber man könnte schon mal über eine Frage nochmals intensiver diskutieren.”
Wir haben verstanden
Die anderen Experten wie Kreis und LANUV beteuerten einvernehmlich, dass man irgendwie von falschen Voraussetzungen ausgegangen sei. Man war der Meinung durch Presse und Soziale Netzwerke wären alle informiert. Das nicht jeder Internet hat oder noch eine Zeitung bekommt, davon war man nicht ausgegangen und würde jetzt gerne eine gemeinsame Strategie überlegen um das für die Zukunft zu verbessern.
Warum die Sache so schwierig ist –
Ein NOVUM kompliziert die Vorgehensweise
Bei dieser Informations-Veranstaltung dürfte allen eines bewusst gemacht worden sein. Es ist nicht eine zentrale Stelle zuständig, die nahtlos in allen Bereichen handeln und entscheiden kann. Dadurch entstehen viele Zeiträume und eine nicht vorhersehbare Warteschleife bevor hier ein konkretes Wissen weitergegeben werden kann. Die Akteure der Veranstaltung machten denn auch begreiflich, dass es sich bei der hier vorliegenden Situation um ein Novum handelt, wo man nicht einfach auf bereits vorhandene Untersuchungsmöglichkeiten und Ergebnisse zurückgreifen kann. Wolfgang Flender vom Kreis-Umweltsamt erklärte, dass bisher nicht bekannt war, dass aus einem Silikon verarbeitenden Betrieb PCB47 austreten kann. Eine Genehmigungspflicht der Anlage war daher nicht gefordert, so dass bisher bei Kontrollen keine Bemängelungen erfolgten. Nach der jetzt vorliegenden Tatsache würde sich das wohl ändern müssen. Hier müsste allerdings der Gesetzgeber tätig werden.
BIW-Chef Ralf Stoffels stellt sich der fordernden Menge
Trotz aller kontroversen Äusserungen sowie teilweisen Schuldzuweisungen an die Firma BIW und Fragen an das Expertenteam, warum man den Betrieb nicht stilllegen würde, gab es doch eine Menge Applaus als Moderator Frank Heintze Herrn Ralf Stoffels ans Mikrofon bat und betonte, dass er es gut finde, daß Herr Stoffels hier hergekommen ist um sich auch der Debatte zu stellen.
Ralf Stoffels erklärte, dass er bereits in seinem Betrieb seit 1971 in gleichem Verfahren Silikon Kautschuk verarbeitet. Hierfür war und ist keine genehmigungspflichtige Anlage erforderlich. Auch gibt es keine festgelegten Grenzwerte für PCB47.
Ralf Stoffels war der Ansicht, dass sich die Sachlage inzwischen wohl zu früheren Jahren geändert haben könnte und wies darauf hin, dass er durchaus Vorreiter sein wolle um hier für alle Anderen eine einheitliche Grundlage zu bewirken. Das wolle er gemeinsam mit dem Kreis, der Stadt und dem LANUV erreichen.Er beteuerte noch, dass ihm auch seine Mitarbeiter wichtig seien und er selbst in dem Betrieb ja auch täglich bis 16 Stunden vor Ort wäre. Er hätte bereits eine große Summe investiert um hier Prüfungen durchführen zu können und selbst einen Überblick zu erhalten. Herausgekommen ist auf dem Wege, dass das ebenfalls im Gebiet gefundene dioxin-ähnliche PCB nicht von BIW stamme. Man hat auch schon Vermutungen, muss hier aber auch erst beweisbare Fakten vorlegen können.
Bürgerinitiative – besänftigt, wenn auch noch längst nicht beruhigt
Viele Fragen wurden gestellt und so weit es möglich war auch beantwortet. Man hat verstanden, daß nach dem die Löwenzahnbeprobungen inzwischen vorgenommen waren nun auch durch Grünkohl. der jetzt geerntet und dann auch untersucht werden soll ein klareres Ergebnis des tatsächlichen Wertes erreicht würde. Die Prozedur ist allerdings sehr aufwändig und es kann evtl. bis zum Frühjahr dauern bis die Ergebnisse vorliegen.
Nach dem die Ennepetaler Revolte sich berechtigterweise Gehör verschafft hat, wird die Initiative nicht aufgeben. Sie werden die Sache nicht aus den Augen verlieren und keinesfalls in den Dornröschenschlaf verfallen. Insofern trifft es sich gut, daß Bürgermeisterin Imke Heymann mit ihnen weiterhin den Dialog in Form von Runder-Tisch-Veranstaltungen pflegen will und auch der Kreis, das LANUV und auch Ralf Stoffels so schnell und umfassend es möglich ist, an einer Klärung des Falles arbeiten wollen.
Immerhin brachte diese großformatige Veranstaltung doch eine Beruhigung auf allen Seiten, zumindest ist Hoffnung an Stelle der großen Sorgen getreten und ein Licht am Horizont zu sehen. Sie wissen jetzt, dass sie Ernst genommen werden und können davon ausgehen, dass in Zukunft Informationen rascher und intensiver fließen.
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Linde Arndt für NRW-Mosaik aus Ennepetal
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