[LA] Die Situation ist ziemlich prekär, weil man gerechterweise alle Seiten ausgiebig mit ihrer Darlegung berücksichtigen muss, was nicht gerade einfach ist.
Menschen in Angst und Schrecken.
Da sind auf der einen Seite die Bürger, die um ihre Gesundheit und die ihrer Kinder bangen und es ist schwer sich vorzustellen, wie man selbst in einer solchen Situation denken, fühlen und handeln würde, wohnte man in dem betroffenen Gebiet. Auch bangt man darum, dass durch diese Situation Häuser und Grundstücke einen Wertverlust erleiden und allmählich greift die Ungewissheit auch die Nerven an. Gerade weil es keine endgültige Gewissheit gibt, wie schlimm es ist oder werden könnte, kann die Vorstellungskraft panikartig ausufern.
Ein Unternehmen unter Druck
Da ist auf der anderen Seite ein Betrieb, der durch plötzlich auftretende, sichtbar ausgestoßene Flocken aus PCB, die als Umweltbelastungen angesehen werden können, in eine Situation gedrängt wird, wo dem Unternehmer durch die geschürten Ängste das Messer an den Hals gesetzt wird. Man fordert von ihm verständlicherweise, den PCB-Ausstoß sofort einzustellen. Das würde aber gleichfalls bedeuten, dass die Produktion dadurch eingestellt werden müsste. Denn gäbe es eine erprobte Sofortlösung, könnte man bestimmt davon ausgehen, dass sie längst ergriffen worden wäre.
Auf der Internetseite des Ennepe-Ruhr-Kreises [Rubrik: Kataster Umwelt] heißt es u. a.: “Mit Blick auf die rechtliche Ausgangslage gilt aber auch: Der PCB Ausstoß durch nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz nicht genehmigungsbedürftige Anlagen wie die von biw ist für Umweltbehörden landesweit Neuland.”
Da stellt sich doch die Frage, wenn es für das LANUV (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz) landesweit Neuland ist, wieso unterstellt man dem Unternehmer dann wissentliche Gefährdung der Bevölkerung “aus Profitgier“, wie u. a. in der Veranstaltung am 21.2.2020 von Zwischenrufen einiger Besucher zu hören war? Kann es nicht sein, daß er ebenso von diesem durch seine Produktion unbewusst verursachten Desaster überrascht wurde und sich nun in einer Zwangslage befindet? Immerhin gibt es noch keine nachvollziehbaren Lösungen einer ähnlichen Situation an anderer Stelle, die man einfach übernehmen könnte.
Es ist kaum davon auszugehen, dass er und sein Sohn sich jeden Tag direkt am Krisenherd aufhalten würden, wenn ihnen bewusst wäre, wie schädigend es ist.
Forderungen werden lauter
So hatte man nun bei der sich zugespitzten Lage, der Gewissheit, dass bei der zweiten Informationsveranstaltung im Haus Ennepetal auch die Beschäftigten der Firma biw, die um ihren Arbeitsplatz bangen, anwesend sein würden und der angekündigten DEMO der Bürgerinitiative die Befürchtung, dass es ggf. Unruhen geben könnte. Der Saal war mit 640 Besuchern voll belegt und im Foyer hatten 170 weitere Besucher vor einem großen Monitor die Möglichkeit, die Veranstaltung zu verfolgen. Im Saal selbst entstand allmählich ein Schildermeer von beiden Seiten, sowohl den Mitarbeitern als auch Mitgliedern der Bürgerinitiative. Das Raunen wurde immer lauter und heftiger.
Es gelang Moderator Frank Heinze die Menge zu beruhigen. Sie folgten seiner, Roland Wocknitz von der Bürgerinitiative und Ralf Stoffels von der Firma biw gemeinsamen Bitten, die Schilder herunterzunehmen, damit die Informationsveranstaltung nicht schon im Vorfeld eskaliert.
Roland Wocknitz übergab bei dieser Infoveranstaltung eine von 4.227 Bürgern unterschriebene Petition de Bürgerinitiative an den Landrat Olaf Schade.
Es folgte die Ansprache von Bürgermeisterin Imke Heymann und Landrat Olaf Schade, bevor die Fachkräfte des LANUV und weitere anwesende Experten detaillierte Berichte und Ergebnisse übermittelten.
Es wurde bekannt, dass sich auch die Landesregierung inzwischen eingeschaltet hatte und direkte Maßnahmen fordert, anderenfalls bis zur Schließung des Betriebes.
Ein Versprechen für die Zukunft
Ralf Stoffels kündigte über seinen Rechtsanwalt Michael Hoppenberg, an, dass im Betrieb neue Filter eingesetzt werden sollen, bei denen er davon ausgehe und erwarte, dass damit die Flockenbildung bis Ende Februar 2020 unterbunden werden kann. Gleichfalls arbeitet man fieberhaft am Austausch des bisherigen Verursachers, den Vernetzer gegen einen chlorfreien zu ersetzen. Dass dieses nicht ohne Weiteres möglich ist, liegt zu einem großen Teil an Kunden, auf die das Unternehmen angewiesen ist, deren systemrelevante Artikel vom Qualitätsmanagement her aber eine sofortige Umstellung erschwere.
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Um nicht nur die Flockenbildung zu unterbinden, sondern auch die Immissionswerte der Luft PCB-frei zu bekommen wird man eine Frist bis Ende des Jahres benötigen.. 25 % aller Aufträge könnten direkt auf chlorfreien Vernetzer umgestellt werden., weitere 25 % bis Juli 2020 nach Absprache mit den Abnehmern, dann weitere 30 % und anschließend noch die restlichen mit den systemrelevanten Artikeln. So könnte bis Ende des Jahres 100% erreicht werden.
Gesundheit an erster Stelle
Inzwischen wurden die ersten Blutuntersuchungen [das Human-Bio-Monitoring] bei einigen Probanden durchgeführt. Es wurden beruhigender Weise keine über der Norm liegenden Werte gefunden. Man will daher in den nächsten Wochen bei gefährdet erscheinenden Personen (z. B. Kindern oder Schwangeren) weitere Bluttests durchführen und dann, je nach Ergebnis, entscheiden, inwieweit die Maßnahme ausgeweitet werden sollte oder müsste.
PCB – Drei Buchstaben, die eine Stadt in Atem halten – und das bestimmt noch eine geraume Zeit. Solange das Damoklesschwert einer evtl. Schließung der Firma oder eines nicht abzustellenden PCB-Ausstoßes nicht aus dem Weg geräumt ist.
Linde Arndt für NRW-Mosaik aus Ennepetal
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