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Gevelsberg) Wie ist es zu schaffen, aus dem Abfall das Optimum an Energie und Wertstoff herauszuholen? Und wie kann dabei eine Kooperation über die kommunalen Grenzen hinweg helfen? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des Besuchs einiger Mitglieder der Ratsfraktion der Bochumer Grünen bei der AHE-Biovergärungsanlage in Witten. AHE-Geschäftsführer Johannes Einig erläuterte die Funktionsweise der Anlage und die Möglichkeiten, die Kreislaufwirtschaft weiter voranzubringen.
Da staunten die Bochumer Grünen nicht schlecht: Nur 1.528 Tonnen Bioabfall kamen 2022 in ihrer Stadt zusammen und landeten in der AHE-Biovergärungsanlage im benachbarten Witten. Der Ennepe-Ruhr-Kreis hingegen mit beinahe genauso vielen Einwohnern sammelte 24.332 Tonnen das Jahr darauf. Damit schöpfte der Kreis immerhin zwei Drittel des Bioabfall-Potenzials aus und verwertete ihn. Bochum
hingegen kam nur auf ein Zwanzigstel seines möglichen Aufkommens.
Keine Biotonne in Bochum
Warum das so ist? Bisher konnten für die flächendeckende Einführung der Biotonne in Bochum keine politischen Mehrheiten gefunden werden. „Eigentlich muss nach der Bioabfallverordnung jede Kommune haushaltsnah Bioabfälle sammeln. Aber wenn es sich nicht wirtschaftlich darstellenm lässt, darf sie auch darauf verzichten. Die Stadt Hagen beispielsweise verbrennt den gesamten Bioabfall im eigenen
Müllheizkraftwerk“, erläuterte Johannes Einig. Dabei entgehen den Städten und Gemeinden ernorme Potenziale zur Erzeugung von Energie und zur Produktion von hochwertigem Kompost. Einigs Lieblings-Beispiel: die Bananenschale. „Ein klassisches Wegwerfprodukt. Dabei steckt in einer einzigen Bananenschale die Energie für 36 Minuten Licht.“
Müll, Abfall? Nein, Wertstoff!
Überhaupt sei der Begriff „Abfall“ oder „Müll“ irreführend: „Lebensmittelreste und Grünschnitt sind doch Wertstoffe. Wir lassen ungeheure Mengen dieser Ressourcen ungenutzt.“ Dabei gebe es die Technik, aus dem Abfall im Sinne einer Kreislaufwirtschaft wieder ein Produkt herzustellen: Biogas zur Erzeugung von Strom und Wärme und Kompost für die Landwirtschaft. Man müsse nur die vorhandenen Mengen
sammeln und verwerten, statt sie in den meisten Fällen schlicht zu verbrennen.
Die Biovergärungsanlage der AHE in Witten verfügt über eine Kapazität von 60.000 Tonnen Bioabfall, die sie jährlich verarbeiten kann. Zwei Blockheizkraftwerke erzeugen mit dem aus der Vergärung des Abfalls gewonnenen Biogas klimaneutralen Strom für circa 3.500 Haushalte. Die dabeientstehende Abwärme wird anteilig für den betrieblichen Eigenverbrauch genutzt. Insgesamt vermeidet die Anlage jährlich rund 3.600 Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid.
Aus den Gärresten entsteht organischer Mehrstoff- und Humusdünger, in fester und flüssiger Form. „Der flüssige Dünger ist besonders effektiv, gelangt direkt bis zu den Wurzeln und ist komplett frei von Schwermetallen. Eine gute Alternative zur Gülle“, erläuterte der AHE-Geschäftsführer.
Fehlende „Wert-Schätzung“
Was sind denn nun die Hindernisse für mehr verwerteten Bioabfall? wollten die Besucher aus Bochum wissen. Oft sei es das fehlende Wissen über die vorhandene Ressource und die ausbleibende Wertschätzung für sie, antwortete Einig. „Biomüll ist ein Rohstoff. Wer das begreift, bekommt dazu
einen anderen Bezug. Die Abfallberatung müsste deutlich intensiviert werden. Zu viele Bürgerinnen und Bürger wissen einfach nicht, was in die Biotonne gehört.“ Ratsfrau Martina Foltys-Banning von den Grünen pflichtete ihm bei: „Die Aufklärung müsste schon am besten im Kindergarten anfangen.“
Parteikollege Egbert Hornberg, Architekt und sachkundiger Einwohner im Bochumer Ausschuss für Planung und Grundstücke, brachte das Konzept der „nachgelagerten Sortierung“ ins Gespräch. Also Abfall gar nicht mehr trennen und erst im Nachhinein durch einschlägige Technik alle Stoffe sortieren. „Das funktioniert nicht“, erklärte Johannes Einig. „Es ist technisch nicht befriedigend lösbar. Denken Sie
nur an Papier: im Müll verdreckt und feucht. Das kann man nicht mehr für eine Verwertung herauslösen.“
Genügend Kapazitäten in Witten
Wenn denn nun beispielsweise Bochum mehr Bioabfall sammelte, könnte die AHE-Anlage den überhaupt
bewältigen? ging die abschließende Frage der Grünen an den Geschäftsführer. Darauf war er natürlich vorbereitet: „Sicher.
Die Biogasanlage hier in Witten hat noch genügend Kapazitäten, und das Stadtgebiet Bochum grenzt direkt an unsere Anlage. Das ist ja auch die Idee: Vorhandene Möglichkeiten in der Region über die Grenzen der Kommunen hinaus nutzen und trotzdem kurze Wege einhalten. Und dadurch sowohl ökonomisch wie ökologisch Vorteile für alle erzielen.“ Die Bochumer Grünen stimmten zu und wollen in ihrer Stadt weiter dafür werben, mehr Bioabfall als Wertstoff zu sammeln.
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